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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 24.10.2007
Aktenzeichen: 17 U 243/06
Rechtsgebiete: VOB/A, VOB/B, BGB
Vorschriften:
VOB/A § 9 Nr. 1 | |
VOB/B § 2 Nr. 5 | |
VOB/B § 2 Nr. 6 | |
VOB/B § 6 Nr. 1 | |
VOB/B § 6 Nr. 6 | |
BGB § 642 |
Gründe:
I.
Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die klägerische Baufirma nur noch den Anspruch über 467.308,80 € nebst Zinsen. Dies ist der zunächst mit Mahnbescheid vom 26.01.2004 geltend gemachte Teilbetrag. Soweit Gegenstand des Rechtsstreits in erster Instanz die Differenz zu den insgesamt geltend gemachten 977.392,93 € war, werden die Ansprüche nicht mehr verfolgt, weil von der Klägerin die Rechtsauffassung des Landgerichts zur Verjährung akzeptiert wird.
Die Klägerin ist nach wie vor der Auffassung, zwischen den Parteien habe es eine Vereinbarung über die zur Verfügung zu stellenden Baufelder gegeben. Dies folge aus dem nach Vertragsschluss am 02.09.1998 unter dem 16.11.1998/23.11.1998 unterzeichneten Bauzeitenplan (Hülle Bl. 141 d. A.). Der Bauzeitenplan enthalte eine Konkretisierung, in welchem Zeitraum welche Bauabschnitte hätten bearbeitet werden sollen. Diese Bauabschnitte seien die Baufelder, die die Beklagte in diesen Zeiträumen ungeteilt hätte zur Verfügung stellen müssen. Aus der Unterteilung des Bauzeitenplans in Straßenbauarbeiten und Gehwegsarbeiten in Kombination mit der Bezeichnung verschiedener Straßenabschnitte lasse sich ohne weiteres eine Baufeldübersicht ermitteln. Ziffer 4.4 der Zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen (Bl. 56 d. A.), wonach die ausgeschriebenen Flächen aus Gründen der Aufrechterhaltung des innerstädtischen Durchgangs- und Anliegerverkehrs nicht als zusammenhängend anzusehen seien und sich daraus ergebende Aufwendungen für eine Vielzahl von Kleinflächen in die Einheitspreise einzukalkulieren seien, stehe der sich aus dem Bauzeitenplan ergebenden Verpflichtung, einzelne Baufelder zusammenhängend zur Verfügung zu stellen, nicht entgegen. Durch die zeitlich nachrangige Vereinbarung des Bauzeitenplanes vom 16.11.1998 seien die Zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen dahin konkretisiert worden, dass unter den dort genannten Kleinflächen eben jene 24 Kleinflächen zu verstehen seien, die sich aus dem Bauzeitenplan vom 16.11.1998 entnehmen ließen. Wollte man der Formulierung in Ziffer 4.4 der Zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen einen anderen Inhalt beimessen, nämlich dahingehend, dass selbst vor dem Hintergrund des Bauzeitenplanes vom 16.11.1998 weitere Zerteilungen der Baufelder in noch mehr Kleinflächen zulässig sein sollte, sei diese Klausel AGB-rechtlich unwirksam. Die Klausel sei eine Allgemeine Geschäftsbedingung, weil die Beklagte diese Klausel regelmäßig in ihren Verträgen verwende. Wollte man die Klausel im Sinne des Landgerichts Frankfurt am Main verstehen, wäre eine sinnvolle Kalkulation nicht möglich. Kleinflächen könne bedeuten, dass wie die Klägerin es getan habe, mit 24 Kleinflächen zu rechnen sei. Es könne dann aber genauso gut heißen, dass es 50, 100 oder gar 1000 Kleinflächen seien. Eine solche Ausschreibung verstieße dann gegen § 9 Nr. 1 VOB/A, wonach die Leistung erschöpfend und so auszuschreiben sei, dass sie von allen Bietern gleich verstanden werde. Der Klägerin könne auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben vorgeworfen werden, weil sie es versäumt habe, vor Ausführung der geänderten Leistungen eine neue Preisvereinbarung herbeizuführen. § 2 Nr. 5, § 2 Nr. 6 VOB/B enthalte lediglich eine Sollvorschrift. Im Übrigen habe sich die Beklagte nicht auf die Vereinbarung einer Nachtragsvergütung eingelassen. Selbst wenn man der Auffassung sein sollte, dass § 2 Nr. 5 VOB/B nicht die zutreffende Anspruchsgrundlage sei, dann sei jedenfalls gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B bzw. § 642 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz bzw. Entschädigung gegeben.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die geltend gemachten Ansprüche auch ausreichend substantiiert vorgetragen. Sie habe 16 ausgewählte Referenzpositionen im Detail im Schriftsatz vom 21.03.2006 aufgeführt. Selbst wenn man mit dem Landgericht der Auffassung sein sollte, dass eine solche Darstellung hinsichtlich aller Positionen des Vertrages erforderlich gewesen wäre, so hätte das Gericht zumindest sich mit diesen vorgetragenen Positionen inhaltlich auseinandersetzen müssen, statt pauschal die mangelnde Substantiierung des Klagevortrags zu rügen. Insoweit sei ihr Vortrag schlicht übergangen worden und ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Im Übrigen überziehe das Landgericht die Anforderung an die schlüssige Darstellung des geltend gemachten Anspruchs. Ihr Anspruch ergebe sich aus der kompletten Nachtragskalkulation des Vertrages. Die textliche Darstellung dieser Kalkulation würde einen mehrere hundert Seiten starken Schriftsatz erfordern.
Das Gericht habe die Möglichkeit, insoweit eine Schätzung vorzunehmen. Das Gleiche gelte für mögliche Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche nach § 6 Nr. 6 VOB bzw. § 642 BGB.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15.09.2006 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 467.308,80 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beklagte stellt außerdem klar, dass nicht sie, sondern die Klägerin gemäß Ziffer 4.4 der Zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen beim Ordnungsamt der Stadt O1 über das Straßenbauamt rechtzeitig eine Verfügung zur Ausführung der Beschilderung, Markierung und Absperrung einzuholen gehabt habe. Die Länge des jeweils vom Verkehr zu sperrenden Abschnittes habe der Auftragnehmer vor Beginn der Arbeiten mit der Bauüberwachung, dem Ordnungsamt und den zuständigen Polizeidienststellen zu vereinbaren (Bl. 55 d. A.). Selbst die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass die Verfügungen des Ordnungsamtes nicht wie von ihr beantragt erlassen worden seien. Die Genehmigungen im Rahmen der Baubesprechungen seien einvernehmlich zwischen den Vertragsparteien und den zuständigen Behörden abgesprochen worden. Wolle die Klägerin nunmehr mehr Vergütungsansprüche geltend machen, so hätte sie zumindest einmal darlegen müssen, dass die ordnungsrechtlichen Verfügungen nicht wie von ihr gewollt und beantragt erlassen worden seien. Wenn das Ordnungsamt Verfügungen erlasse, die den Anträgen der Klägerin entsprächen, so könne sich die Klägerin später nicht darauf berufen, durch diese Verfügungen in der Ausführung ihrer Arbeiten beeinträchtigt worden zu sein.
Die Regelung in Ziffer 4.4 der Zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen seien auch keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Leistungsbeschreibung und Leistungsverzeichnis eines Bauvertrages seien der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz entzogen (BGH BauR 2005, 1317). Im Übrigen ergäben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer AGB-rechtlichen Unwirksamkeit. Die Klägerin hätte vielmehr ihre Kalkulation auf die Bestimmungen in den Zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen einstellen müssen. Die Ansicht der Klägerin, sie habe nicht mit einer unbestimmten Vielzahl von Kleinflächen kalkulieren können, verkenne, dass es hier nur um eine Anzahl von 48 Kleinflächen gehe, nach Ansicht der Klägerin seien aber 24 Kleinflächen zwischen den Parteien vereinbart gewesen. Solange keine völlig abstruse und sinnlose Zersplitterung der Gesamtbaufläche vorgenommen worden sei, sei die Aufteilung in diese Anzahl Kleinflächen jedenfalls durch Ziffer 4.4 der Technischen Vertragsbedingungen gedeckt. Die Klägerin hätte im Zweifelsfall nähere Erkundigungen darüber einziehen müssen, mit welcher Größenordnung von Kleinflächen zu rechnen sei. Wenn sie lediglich die Konsequenz gezogen habe, überhaupt keinen Risikozuschlag zu berechnen und sich im Nachhinein auf Mehrvergütungsansprüche stütze, so sei das Vorgehen der Klägerin treuwidrig. Vor Ausführung der Leistungen sei die Klägerin nie an die Beklagte wegen einer Mehrvergütung herangetreten. Schließlich habe die Klägerin ihre Ansprüche nicht substantiiert dargelegt. Eine exemplarische Darstellung bezüglich einiger Baufelder könne nicht genügen. Ein solcher Aufwand sei der Klägerin in Anbetracht einer Forderung von nahezu 500.000,-- € zuzumuten. Schließlich habe die Klägerin auch keine ordnungsgemäße Behinderungsanzeige im Sinne von § 6 Nr. 1 VOB/B gefertigt. Insbesondere hätte die Klägerin auf die Auswirkungen der Behinderung hinweisen müssen. Die Klägerin habe es versäumt im Hinblick auf die geltend gemachte Baufeldzerteilung die einzelnen ordnungsamtlichen Verfügungen und ihre Auswirkungen auf die Bauzeit und Bauablaufzeit zu benennen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, nach deren Maßgabe verhandelt wurde, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Der Klägerin stehen keine weiteren Ansprüche gegen die Beklagte zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die überzeugende Argumentation des Landgerichts Frankfurt am Main von Seite 21 des Urteils bis Seite 27 des Urteils Bezug genommen. Den Rahmenterminplan vom 23.04.1998 (Bl. 115 d. A.) sind genau 24 Baufelder nicht zu entnehmen. Er ist im übrigen ein Plan, der genau wie der Bauzeitenplan vom 16.11.1998 (Bl. 141 d. A.), welcher am 23.11.1998 unterschrieben wurde, Termine und nicht Baufelder definiert. Es geht in beiden Plänen allein um den zeitlichen Ablauf der Bauarbeiten. Dies hat das Landgericht völlig richtig gesehen. Unterstützt wird die Argumentation durch die Fassung der Technischen Vertragsbedingungen, die Bestandteil des Vertrages zwischen den Parteien waren. Danach ist der Auftragnehmer verpflichtet, vor Baubeginn einen detaillierten Bauzeitenplan auf der Grundlage der vorgenannten Termine und des Bauzeitenrahmenplans zu erstellen, der nach Zustimmung des Auftraggebers Vertragsbestandteil wird. Es kam der Auftraggeberin, der Beklagten, also ersichtlich nur auf den zeitlichen Ablauf an, auf welchen Flächen die Bauarbeiten durchzuführen waren. Über Baufelder verhält sich der Zeitenplan nicht. Klarheit schaffen insoweit auch die Technischen Vertragsbedingungen, nach denen ausdrücklich die ausgeschriebenen Flächen aus Gründen der Aufrechterhaltung des innerstädtischen Durchgangs- und Anliegerverkehrs nicht als zusammenhängend anzusehen sind. Sich daraus ergebende Aufwendungen sind für eine Vielzahl von Kleinflächen in die Einheitspreise einzukalkulieren (Bl. 56 d. A.). Dass hier 48 Einzelflächen im Gegensatz zu den 24, mit denen die Klägerin angeblich rechnen konnte, noch von dem Begriff der Vielzahl erfasst sind, ist eindeutig. Die hier in Rede stehenden Dimensionen stellen auch keine derartige Zerstückelung dar, dass es eine übermäßige Ausdehnung dieser Vorschrift bedeuten würde, wenn man sie auf eine unübersichtlich hohe Zahl von Kleinflächen anwenden würde. Selbst wenn man das Leistungsverzeichnis unter den Begriff von Allgemeinen Geschäftsbedingungen subsumieren würde, wären diese wirksam. Mit aller nötigen Klarheit sind die vertraglichen Vorgaben definiert worden. Unklarheiten ergeben sich bei verständiger Würdigung der Bestimmungen für die auf die Ausführung solcher Arbeiten spezialisierte Klägerin nicht. Für die verlangten Mehrkosten ergeben sich deshalb unter keinem rechtlichen Blickpunkt irgendwelche Anspruchsgrundlagen, wie bereits das Landgericht überzeugend ausgeführt hat.
Auf die Frage der Substantiierung der Ansprüche durch die Klägerin braucht unter diesen Umständen nicht eingegangen zu werden.
Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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